Kunst – ein fragmentarischer Versuch einer Standortbestimmung

Immer schon, seit der Mensch künstlerisch tätig ist, werden Fragen nach der Funktion von Kunst in der Gesellschaft, nach dem ideellen Wert künstlerischen Schaffens gestellt. Ich möchte hier versuchen, einige Aspekte der Kunstdiskussion, die auch im Zaunkönig regelmäßig ihren Niederschlag findet, aus der Perspektive des Kunstschaffenden zu beleuchten.

Wenn sie eine neue Möglichkeit ergreift, gibt die Kunst uns die Möglichkeit zu erfahren, wo wir stehen, oder wo wir stehen sollten, wie es mit uns bestellt ist und wie es mit uns bestellt sein sollte. Denn ihre Entwürfe entstehen nicht im luftleeren Raum. (Ingeborg Bachmann)

Wenn ich mich also zuerst mit der Frage auseinandersetze, „Wo stehen wir … wie ist es mit uns bestellt“, so kann ich mich diesem umfangreichen Thema natürlich nur ansatzweise nähern. Denn ich sehe mich hier einer Vielfalt chaotischen Charakters gegenüber, aus der sich nur einige wenige Chaosfenster zu neuen Ordnungen öffnen. Obwohl um Toleranz bemüht, kann ich sie aufgrund meiner abendländlichen Erziehung weitgehend nur durch die Brille christlich-humanistischer Werte beurteilen, wobei ich das Geltenlassen und Nichtgeltenlassen immer wieder neu zu überprüfen bereit bin. Denn wie schnell sich Denk- und Verhaltensweisen ändern und kippen können, hat nicht zuletzt auch das vergangene Jahrhundert gezeigt.
Paul Klee sagt: „Kunst gibt nicht das Sichtbare wieder, sondern macht sichtbar.“ Wenn ich also als Künstlerin etwas gestalte, muss ich mich fragen, inwieweit ich selbst gestalte oder der Zeitgeist mitgestaltet. Naturgemäß gilt das nicht nur für die Kunst, sondern genauso für alle anderen Bereiche des menschlichen Lebens.

Technik versus Kunst: Perspektiven
Ich sehe im heutigen Kulturschaffen, vor allem in der Bildenden Kunst, der Malerei, eine Gegenposition zum absolut dominanten Bereich der Technik. Naturwissenschaftliche Erkenntnisse, technischer Fortschritt entstehen durch Beobachtung, Forschung etc., also durch das „in die Welt sehen“, und die Technik hat sich dadurch eine Vorrangstellung gegenüber einer regredierenden, oft infantilen Kunst erobert. Diese Kunst der letzten fünfzig Jahre ist hingegen immer mehr den Weg nach innen gegangen – „Das Große im Kleinen sehen“ (A. Stifter) – dies zeigt sich an Materialstrukturen, der Übernahme mikroskopischer Formen, und einer Haltung vieler Kunstschaffender, die die eigene Befindlichkeit darstellt, die kleinbürgerlich, oft larmoyant daherkommt und unbewusst Schicksalsneid pflegt (vor allem in der Literatur), die aber auch die Schönheit des Minimalismus und Jean Gebsers A-Perspektive ( als ein „Mehr“ als nur Perspektive) in den Bereich der Kunst einbringt. Hier hat die Kunst ihre Grenzen verschoben. Es hat sich dadurch der Blick für neue Möglichkeiten geöffnet; vieles, etwa auch auf handwerklicher Ebene, ist aber, vielleicht für immer, verloren gegangen. „Wer wird die Kinder lehren?“, frage ich frei nach Pestalozzi.

Sicher liegt eine der Ursachen auch in der nach 1945 von den USA aus gesteuerten Kunstkritik. Nichts, auch nicht die Kunst der neuen Sachlichkeit, sollte an den Nationalsozialismus erinnern. Konkretes in der bildenden Kunst, in der Malerei, wurde zurückgedrängt. Die „Zertrümmerung“, die sich parallel zu den gesellschaftspolitischen Veränderungen schon im Kubismus, in der atonalen Musik zeigte, wird bis zur reinen Abstraktion weitergeführt. Die Darstellung nur in Form und Farbe, das rein Abstrakte, ( nicht im gewöhnlichen Sinn „ Abstrahierte“), ist für uns Künstler, die wir unsere Grenzen weiter stecken wollen, aber auch eine geistige Herausforderung, deren Schwierigkeiten unterschätzt werden, wobei Kunst allerdings oft mit Dekoration verwechselt wird. Die Unterscheidung ist, wie schon in den vergangenen Jahrhunderten, für den Zeitgenossen schwer zu treffen, und leidet an einem Mangel klar definierter Kriterien.
Inwieweit die „neue Figürlichkeit“, die „ neue Landschaft“ schon wieder den Pendelschlag zurück darstellt, oder nur kurzfristig eine Marktlücke füllen soll, ist jetzt noch nicht abzusehen. Diese Entwicklungen stehen aber im Gegensatz zu dem, was Friedrich Torberg prägnant als „Latrinenkitsch“ bezeichnete. Dieser Begriff war für einen Bereich der Literatur der Zwischenkriegszeit gedacht, hat aber in den letzten Jahrzehnten flächendeckend seinen Siegeszug in der bildenden Kunst angetreten. Die Spuren der Gewalt sollen in aufwendigen Installationen zu grässlichen oder abstrus erotischen Assoziationen verführen. Ist der „Latrinenkitsch“ die Antwort auf die Welt einer friedensmüden Generation (Heinrich Böll) – oder auf die allzu geordnete, schöne „desodorierte Welt“ ( Zeller-Zellenberg )?

Kunst im Spiegel der infantilen Spiele-Gesellschaft
Daneben etabliert sich in wachsendem Ausmaß, im Gegensatz zu der immer schneller und präziser, technischer und kälter werdenden Zeit, die nicht nur unsere westliche Industriegesellschaft, sondern Stück für Stück die ganze Welt erobert, die infantile Spielegesellschaft bzw. Freizeit- und Wegwerfgesellschaft. Durch diese Entwicklung wird auch der Bereich der Kunst massiv infiltriert. Soll ein Bild, ein Objekt tatsächlich länger Bestand haben als 10 Jahre? Das fragen sich junge Kunstschaffende mit Blick auf den Kunstmarkt. Und welche Erwartungen soll und will die Spielegesellschaft erfüllen? Ist es der vernachlässigte Teil einer menschlichen Entwicklung, der nicht mehr zur rechten Zeit durchlebt werden kann, da unseren Kindern keine Stille und keine Zeit zum individuellen Reifen mehr gelassen wird? Jener Teil, der nicht mehr nur lernen, präzise funktionieren, sondern spielen, Spaß haben und „kindisch“ sein will? Zeigt sich diese Tendenz unter anderem im „Alzheimer-Zitterstrich“, im kindlichen „Kritzelstrich“, der, ach so interessant, auch von Künstlern verwendet wird, die durchaus imstande sind, einen „geraden“ Strich zu zeichnen, dies aber schamhaft verbergen? Gilt die bewusste Reduzierung auf die kindliche Bildsprache tatsächlich als künstlerischer Wert, der heute Kunstkritiker und Museumsdirektoren begeistert? Sind wir Künstler heute nur dazu da, Defizite auszugleichen, bunte Verzierung à la hopsende Cheerleader für die beeindruckenden, sich unfassbar schnell entwickelnden neuen Errungenschaften der Technik zu sein? Kann da die Flucht in die Größe des Kunstwerks, in die Gigantomanie, die Lösung sein?

Oder flüchten wir in Selbstinszenierung? Suchen wir den beklatschten Gag?
Können wir überhaupt noch mehr sein angesichts des Slogans der Siebzigerjahre, „Jeder Mensch ist Künstler“? Ist Künstler sein nicht Bestimmung als Folge einer inneren Unruhe, bedingt durch ein Mehr an Wahrnehmung, an Resonanz, die zu einem ganz individuellen Lebensweg führt?

Sollen wir den Reichtum des schon Geschaffenen missachten, nur noch für Tourismuswerbung missbrauchen? Unsere Lebenserfahrung ausklammern? Dürfen wir nur mehr ohne Erinnerung an Gesehenes aus uns selbst, aus dem Bauch heraus, spontan schaffen – ganz als Gegensatz zur Technik, dem Turmbau zu Babel unserer Zeit?

Denn die Seele kann nicht Schritt halten mit der Schaffenskraft. Die Frage ist: wie kann das seelische Können erweitert werden, damit das Gewissen, das Fühlen und das Vorstellen dem Herstellen Einhalt gebietet. (Günther Anders)

„Brauchen“ wir Kunst?
Die Frage drängt sich auf: Hat die Kunst ihren Stellenwert verloren? Ist sie nur mehr Therapie für die Menschen dieser naturentfremdeten Welt? Soll Kunst Therapie sein?

Ich denke hier an einen Vergleich. Kunst ist für die Menschen und die Gesellschaft so etwas wie der Traum für den Schlafenden. Der Traum hat eine ver- und abarbeitende Funktion. Die medizinische Wissenschaft hat durch Versuche bewiesen, dass es durch Unterbrechung und Behinderung der Traumphase zu krankhaften psychischen Veränderungen kommt. Jede Zeit „braucht“ also – jenseits aller ökonomischer Betrachtung – ihre Kunst als Ausdruck, aber auch als Ausgleich und Verarbeitung des Zeitgeschehens.
Doch ist das nicht zu wenig? Sollen, können wir Künstler mit unserer Arbeit nicht Einfluss auf die kulturpolitische Bildung nehmen? Die kulturpolitische Bildung wird, wie schon dieses Wort ausdrückt, von der Politik gesteuert, gefördert, an den Rand gedrängt oder verteufelt (man denke an die „Entartete Kunst“, den politisch missbrauchten Neonaturalismus der Nationalsozialisten und die Kunst der Stalinära u.s.f.)
Das gilt auch für die Kunst unserer Zeit, deren kulturpolitische Auswirkungen Ausdruck unseres Zeitgeistes sind. Die bildende Kunst hat heute im Vergleich mit den anderen Künsten, wie z. B. der Musik und Literatur, im Bewusstsein der Gesellschaft einen eher niedrigen Stellenwert, wofür wohl auch das unselige „Jeder ist Künstler“ mitverantwortlich ist und großen Schaden angerichtet hat, weil es falsch verstanden wurde. Aber nichtsdestoweniger wird das Produkt der bildenden Kunst immer noch benutzt, um Politikern als zusätzliches Mittel der Selbstdarstellung zu dienen. Dabei verkommt das Bild, das Objekt zur bloßen Dekoration: Sich vor dem Hintergrund eines „modernen Bildes“ fotografieren zu lassen, soll zeigen, wie fortschrittlich man denkt und agiert. Dabei haben es Kulturpolitiker aber im Bezug auf Kunst zugegebenermaßen schwer. Auf Ihnen lastet die Herausforderung der Beurteilung: gut oder nicht gut, förderungswürdig oder nicht. Kulturpolitiker sind zutiefst geprägt durch die Peinlichkeiten und Dummheiten, die Ihren Kollegen vergangener Epochen angelastet werden, die die Werke damaliger Künstler oft nicht verstanden haben. Der Kulturpolitiker von heute vermeidet daher krampfhaft diesen Fehler. Das verführt ihn dazu, alles noch nicht Dagewesene für gut oder zumindest für „interessant“ zu halten. Da unsere bunte, pluralistische Kunstszene in schnellem und andauerndem Wandel begriffen ist, gibt es so gut wie keine Anhaltspunkte für die Definition der Qualität eines künstlerischen Produktes.

Die wichtigste Voraussetzung für eine Neudefinition der gesellschaftlichen Funktion von Kunst wäre die Bereitschaft, jede Information, jede Arbeit (auch die eigene!) kritisch zu durchleuchten. Das gilt besonders für den Kulturpolitiker, der sich immer die Frage stellen sollte: Was sagt diese Kunst aus, was will sie bewirken, wes Geistes Kind ist sie (siehe u. a. Japanische Comics, japanische Filme, die aggressivsten und gewaltsamsten der Welt – warum werden sie konsumiert? Welche Entwicklungen könnte sie in Zukunft auslösen? )
Ich teile nicht die Ansicht, dass Kunst „absichtslos“ sei – dem widersprechen ja auch viele Künstler dadurch selbst, dass sie erklären, was sie „bewirken“ wollten. Mit dieser erhofften Wirkung hat sich der verantwortungsvolle Betrachter auseinanderzusetzen.

Öffentliche Diskussion als Beitrag zur Bildung?
Es steht für mich außer Zweifel, dass Kunst einen wichtigen Teil der Bildungsarbeit für die Allgemeinheit leisten kann. Alles was wir denken, sagen und produzieren, betrifft die Allgemeinheit, auch ohne dass wir das dezidiert wollen, denn wir sind alle ein Teil des Ganzen.
Bildungsarbeit kann durch regelmäßig öffentlich geführten Disput über Kunst und ihre Auswirkungen bereichert werden. Aber wir müssen diesem Austausch der Ideen mit Sachlichkeit und Offenheit auch für die Argumente des Anderen begegnen. Wir Künstler müssen immer wieder versuchen, mit Kulturpolitikern, Städteplanern, Landschaftsgestaltern einen echten Dialog zu führen. Und es wäre die Aufgabe der Kulturpolitiker, dafür geeignete Rahmenbedingungen zu schaffen. So könnte ich mir einen vierteljährlichen “jour fixe“ vorstellen, eine Gesprächsrunde, zu der die Politiker Künstler, die ihre Ansichten zu konkreten Fragestellungen formulieren wollen, einladen. Hier stellt sich jedoch zuerst die Frage: Wer wird eingeladen? Wer darf seine Meinung vertreten? Und welche?

Es wird immer den schauenden, hörenden, empfindenden und reflektierenden Künstler geben, der sich bewusst ist, dass jeder Kunst prinzipiell ein gesellschaftspolitischer Aspekt innewohnt. Der an den „Pendelschlag zurück“ mit seinen zukünftigen Auswirkungen denkt. Der weiß, dass er, obwohl er sich oft allein und missverstanden fühlt, ein Teil des Ganzen ist, das er mit seiner Arbeit verantwortungsvoll mitgestalten kann, und daher auch einen Schritt nach vorne, auf unbekanntes Gebiet gehen darf.
Wir fürchten uns vor einer Welt, in der die Natur in Biotope oder Nationalparks zurückgedrängt wird. Wir fürchten uns vor der Macht der Wirtschaft, der Banken, der Medien, die unseren Kindern und Jugendlichen die „schöne neue Welt“ des Konsums, des geistigen Fast Food als Ersatz anbietet. Die das Suchen des Menschen mit Informationsmüll zudröhnt. Gefordert ist daher Wachheit, die „Unterscheidung der Geister“ gegenüber diesen „Mächten“, aber auch gegenüber den damit verknüpften zeitgeistigen Strömungen und Ideologien.
Damit die Kunst die Aufgabe des „Wächters“ erfüllen kann, bedarf es einer fundierten Bildung, die uns Orientierung, Wissen und eine gute Basis für ein menschenwürdiges Leben vermittelt – jenseits aller Debatten über eine noch anwendungsorientiertere Ausbildung!
In Studienzirkeln könnte jede die Kunst betreffende Neuorientierung (inkl. praktischer und juristischer Fragen) auch im Kontext mit Traditionen und Werten einer Evaluierung unterzogen werden.

Die Rolle des Künstlers
Kann die Kunst „die Welt“ verändern oder verändert die Welt den Künstler, die Kunst? Die gigantischen Veränderungen unserer Wendezeit, die sich auch in den Köpfen der Menschen niederschlägt (mit Auswirkungen, die wir noch nicht absehen können), stellen uns vor die Aufgabe, künstlerische Arbeit ebenso wie technische Entwicklungen nach möglichen zukünftigen Entgleisungen zu überprüfen.
Wenn ich mich frage, wie sich Kultur und politische Kultur entwickeln können, fällt mir ein Satz ein: „Die wahre Heimat des Menschen ist die Sehnsucht.“

Sehnsucht als Ursache von Veränderung?

Sehnsucht impliziert Werte. Welche Werte sind für mich von Bedeutung? Welche tradierten Werte möchte ich erhalten, welche stelle ich in die museale Ecke, welche haben grundlegend mit meiner Person zu tun? Das Wort Religion kommt von religio – Rückbindung. Jeder Mensch hat seine „Wurzeln oben“ und seine „Wurzeln unten“, in der Erde, im Boden, hat seine Wurzeln in der Erinnerung. Welche Erinnerungen geben wir unseren Kindern mit? Lassen wir sie den unermesslichen Reichtum dieser Welt, dieses Universums erleben, führen wir sie liebevoll und selbst stets voll Bewunderung und Staunen an die Wunder der Natur heran?
Die Frage, „Wie können wir unser Denken und Fühlen verbessern“, habe ich für mich so beantwortet: Ich mache das, was man angeblich nicht tun soll - ich schaue zurück. In die Zeit der Kindheit und Jugend. Ich erlebe mein Staunen über die Vielfalt der Welt. Meine Begeisterung über die Schönheit und mein Erschrecken über das Furchtbare. Die „sanfte Gewalt der Schönheit“ (A. Stifter) und die Faszination des Hässlichen. Dieses kindliche „alles das erste Mal unbefangen Sehen“ ist auch bestimmend für das menschliche Maß, das nicht verlorengehen und von Gigantomanie verdrängt werden soll.

Im Jahr 1945 wurde in den USA die Frage diskutiert, ob man auf Deutschland und Österreich die Atombombe abwerfen sollte. Ich sehe mich, wie ich damals, am Wegrand sitzend, die kleinen Blumen und Gräser, die Steinchen und Käfer betrachtete, das Summen der Wiese hörte – und das Entsetzen darüber fühlte, dass das alles nicht mehr sein sollte ...
Künstler leben weitgehend von den Reichtümern der Kindheit, auch wenn diese nicht nur heiter war. Sie denken darüber nach und arbeiten mit diesen Inhalten.
Bei Hesse erkennt der Meister des Glasperlenspiels, Josef Knecht (er ist auch ein Knecht des Spiels) am Ende seines Lebens die wichtige Aufgabe der Erziehung zum Einfachen und Ganzen der noch unverbildeten Kinder und Jugendlichen. Er wird dafür gerügt, zu viel Gefühl zu haben, doch sein naiver Instinkt erkennt die Fallen des Spezialisten- und Virtuosentums, die dem „überflüssigen Menschen“, dem Alten, Behinderten, schwer in die Gesellschaft Integrierbaren, die Würde nehmen. Kant sagt: „Der Mensch hat eine Würde oder einen Preis.“ Für die Macher hat nicht nur das, was Menschen produzieren, sondern „die Ware Mensch“, heute so wie früher, einen „Preis“.
Nur Wachheit, Achtsamkeit und Liebe können uns vor diesem „Meins ist besser als deins“ bewahren und zu persönlicher und politischer Kultur führen.  Wer lehrt uns das?
Wer ruft zu differenziertem Denken auf? Wer warnt vor phrasenhaftem Reden? Klischeehaftem Denken? Unterentwickeltem Fühlen?

Eine Herausforderung für Europa
Um den Anforderungen, die uns die Zukunft stellen wird, gewachsen zu sein, brauchen wir jenes Selbstvertrauen, das durch, Bildung im weitesten Sinn entsteht.
Wir müssen uns zutrauen, selbstständig zu denken, auch zu kritisieren, gleichzeitig aber eine Form der Streitkultur zu entwickeln, in der wir unsere Meinungen vertreten und uns ebenso von anderen divergierenden überzeugen lassen können.

Wir Künstler sollten nach unseren Möglichkeiten und Kräften konstruktiv daran arbeiten, die Zukunft aktiv und verantwortungsvoll mitzugestalten. Denn „dem wird befohlen, der sich nicht selber gehorchen kann“, sagt Nietzsche.


Erschienen in der Literatuzeitschrift „ Der Zaunkönig“    3/ 2010